Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 24.07.2019

Chiara Sola steckt sich immer hohe Ziele

Die junge Frauenfelderin Chiara Sola vom Golfclub Lipperswil hat die Schweizer Szene schon verschiedentlich durcheinander gewirbelt.

 

 

Sitzt man Chiara Sola (sie beginnt im August die PMS in Kreuzlingen und besucht dort die Sportklasse) gegen über, hat man nicht das Gefühl, man unterhält sich mit einer 15-Jährigen. Das Golf-Talent hört gut zu und gibt stets präzise Antworten. Stress scheint für sie ein Fremdwort zu sein. Sie lacht schelmisch: «Ein bisschen Stress habe ich höchstens am Morgen beim Aufstehen.»
Das ist eigentlich kein Wunder, schaut man sich einen normalen Tagesablauf von ihr an. Erstmals schrillt der Wecker um 5.50 Uhr, wird aber ignoriert. Dasselbe passiert zehn Minuten später. Um 6.10 Uhr meldet er sich sogar ein drittes Mal und erst jetzt steht Chiara auf. Ein kleines Frühstück folgt ab 6.20 und genau um 6.53 läuft sie zum Bus, denn um 7.12 fährt der Zug in Frauenfeld ab. Die Schule an der NET in Kreuzlingen beginnt um 8.10. 12.05 ist normalerweise Schluss und es folgt das Mittagessen im Auto oder im Zug, weil es nun zum Training geht. Selten ist Chiara Sola vor 19 Uhr zu Hause. Bei einem solchen Programm ist es nur logisch, dass für weitere Hobbys keine Zeit bleiben. Auch das Klavier spielen hat sie mittlerweile aufgegeben.
Die 176 Zentimeter grosse und 60 Kilogramm schwere Golferin absolviert pro Saison 35 bis 40 Turniere, die meist zwei bis drei Tage dauern. Als Mitglied des Schweizer Top-Elite-Kaders trainiert sie nicht nur in Lipperswil, sondern auch jede Woche acht Stunden an zwei verschiedenen Tagen in Breitenloo, einer der führenden Anlagen hierzulande.
Setzt sich die Frauenfelderin mit einem so happigen Programm nicht selber arg unter Druck? «Weil ich mir immer hohe Ziele stecke, mache ich mir schon selber Druck. Ergibt sich ein Resultat, das nicht nach Wunsch ausfällt, bin ich trotzdem zufrieden, sofern ich gut gespielt habe. Bisher klappte das mit dem Druck ganz gut.» Wie sieht das mit den schulischen Leistungen aus? «Weil ich öfters abwesend bin, muss ich stets einiges nachholen. Aber damit hatte ich bisher keine Probleme.»
Das war auch diesen Winter so, als sie während zwei Monaten in Südafrika weilte, «um besser englisch zu lernen und Golf zu spielen sowie fünfmal pro Woche Fitness zu machen. Zusammen mit der Schule war das relativ streng, weil ich auch Aufgaben aus der Schweiz erledigen musste. Aber ich würde so etwas sofort wieder unternehmen. Der Abstecher war mega cool.»
Im Vorjahr wurde Chiara Sola nicht nur 2. an den Schweizer Meisterschaften im Sommer und gewann das Jahresend-Schweizerfinale im Herbst bei den U14 Girls, sondern sie wurde zudem Club- und Thurgauer Meisterin bei den Frauen. Möglicherweise ist sie die Jüngste im Kanton, die so etwas bisher schaffte. Die Erfolge gingen auch 2019 weiter. Ihren bisher grössten Triumph landete die am 20. März erst 15 gewordene Frauenfelderin bei den Offenen Schweizer Matchplay-Meisterschaften im freiburgischen Vuissens: Es gab Gold. Auch an den drei Tage dauernden und auf drei verschiedenen Plätzen ausgetragenen Innerschweizer Meisterschaften gewann sie die Netto-Wertung und wurde hinter einer zwei Jahre älteren Spielerin Zweite in der Stroke/Brutto-Wertung. Mittlerweile ist das aufstrebende Girl bei den U15 und den U16 die Nummer eins.
Wegen einer Verletzung und Schmerzen am Handgelenk musste Chiara Sola an den eben stattgefunden Schweizer Meisterschaften in Limpachtal nach der ersten Runde Forfait geben und das Turnier vorzeitig beenden. Dies war ein gut überlegter und mit allen Coaches besprochener Schritt, um das Handgelenk zu schonen, da sie am Montag bereits wieder nach Prag (Tsch) unterwegs war, wo sie in dieser Woche an den European Young Masters teilnehmen kann. Einem weiteren, sehr grossen internationalen Juniorenturnier.
Fragt man die junge Frau nach ihren Zielen, ist man nicht überrascht, wenn diese enorm hoch angesetzt sind: «2022 möchte ich es gerne an den Olympia-Junioren-Anlass in Senegal schaffen. Zwei Jahre später finden in Los Angeles die Olympischen Spiele der Elite statt. Mal schauen, was dann möglich ist.» Hat sie sonst noch etwas ins Auge gefasst? «Im August in vier Jahren wäre es möglich, in Amerika ein Stipendium an einer Uni anzustreben.» Gibt es eine Wunsch-Uni? «Ja, Stanford.» Wieso gerade dort? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: «Weil es die Beste ist.» Wie war das doch mit dem selber Druck aufsetzen. Chiara Sola scheint so etwas nicht zu kennen. Bleibt zu hoffen, dass sich ihre Vorstellungen erfüllen. Ruedi Stettler

Noch ein Talent
Im Hause Sola gibt es ein zweites Golf-Talent, den 12-jährigen Keemo, der zum Elite-Kader gehört. Er wechselt ab August an die Nationale Elitesport-Schule Thurgau (NET) in Kreuzlingen. Zweimal pro Woche trainiert er in Lipperswil und einmal in Breitenloo. (rs)