Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 21.05.2014

Im Militär

Chnuri

Szenerie am vergangenen Montag im Burgerholz-Wäldli nähe Weststrasse: Überall im Unterholz stehen Militärtransporter, im dunklen Schatten der Waldbäume. Tarnnetze sind darüber gespannt. Dann ruft irgendwer: «Soldat xy, hierher!» Die Übung wird abgebrochen, es ist 16.30 Uhr, kein Feind ist in Sicht, die Netze werden zusammengerollt.

 

 

Hey, das ist ja genau gleich wie 1974, als wir die RS absolvierten. Schon damals standen Militärfahrzeuge im Wald, mit Tarnnetzen getarnt; heisere Befehle durchs Walkie-Talkie, die ein halbes Kilo wogen. Heute sind es Smartphones.
In den WK‘s war der Chnuri als Sanitätssoldat im Eisenbahnzug eingeteilt, man gondelte mit der Rhätischen Bahn durchs Bündnerland. Das hiess konkret: In der 1. Woche wurden die Innereien des Zugs total demontiert, also alle Bänke, Sitze und sonstigen Einrichtungen kamen raus. Da gab es Soldaten, die schwer­ste Lasten allein oder zu zweit trugen, statt zu viert -und dafür zweimal zu laufen! Die dürften heute alle unter Rückenschäden leiden. In der 2. Woche wurde das «Lazarett», ein Feldspital, im leeren Zug eingerichtet, mit schon damals veralteten Geräten. Wir Sanitäter mussten den Soldaten, die zu uns ins «Spital» kamen, nach den Fussmärschen jeweils die frischen Blasen an den Füssen mit einer Schere auf- und die Haut abschneiden, sauber bis an den Rand, und dann mit der alten roten Jodtinktur desinfizieren. Die Leute brüllten vor Schmerz, zwei andere Sanitäter mussten die Patienten jeweils festhalten.
Auch Blut wurde gespendet. Das tut der Chnuri noch heute. Das Kantonsspital ruft jeweils an, wir brauchen Ihr Blut. Immerhin DAS haben wir im Militär gelernt. Heute sei es schlimm, niemand mehr wolle Blut spenden, sagt die Krankenschwester, die Soldaten würden dazu nicht mehr angehalten.
In der 3. Woche des WK wurde der Zug retabliert: Lazarett raus, die Bän­ke zurückmontiert, der fertige Zug der Bahn abgeliefert.
Noch heute träumt der Chnuri hie und da, er müsse in den WK ein­rücken. Es sind die schlimmsten Alpträume!
Am Sonntag sagte eine Gripen-Gegnerin auf Radio srf 1, das Militär habe es versäumt, «sich endlich zu modernisieren». Sie meinte damit nicht nur die «Hardware», sondern den Auftrag. Was nütze das schönste Dach, wenn darunter die Mauern in sich zerbröseln? Das war schon 1974 so. Und auch an diesem Montag.