Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 12.03.2014

Keine Stadtentlastung Frauenfeld ohne Beitrag vom Bund

Frauenfeld erhält in den nächsten 15 bis 20 Jahren voraussichtlich keine Stadtentlastung: So lautet das Fazit, nachdem die Machbarkeitsstudie und der Bundesbeschluss über die Freigabe der Mittel ab 2015 für das Programm Agglomerationsverkehr nun vorliegen. Das Departement für Bau und Umwelt (DBU) und die Stadt Frauenfeld halten dennoch am gemeinsamen Ziel einer Stadtentlastung fest. Das DBU wird bis 2015 zusätzlich eine kleinräumige Variante überprüfen. Die notwendigen Lenkungsmassnahmen auf den Kantonsstrassen im Stadtzentrum werden vorgezogen.

 

 

Im Beschluss zum Agglomerationsprogramm 2. Generation teilt der Bundesrat der geplanten Stadtentlastung Frauenfeld definitiv die Priorität C zu, obwohl die Entlastungswirkung nach­gewiesen ist. Er begründet seinen Entscheid damit, dass die Kosten im Vergleich zur erwarteten Wirkung zu hoch sind. Der Zeitpunkt für die Freigabe von Bundesmitteln ist damit auch für den Zeitraum nach 2022 offen. Von einer möglichen Sonderfinanzierung im Rahmen des Agglomerationsprogramms macht der Bund keinen Gebrauch. Regierungsrat und Stadtrat bedauern diesen Entscheid: «Ohne finan­ziellen Beitrag durch den Bund ist eine Stadtentlastung Frauenfeld, wie sie seit 2011 im Richtplan Siedlung und Verkehr festgehalten ist, nicht finanzierbar», bilanzierte Regierungsrat Jakob Stark, Vorsteher des Departements für Bau und Umwelt (DBU), anlässlich der Medienkonferenz vom 6. März 2014 gemeinsam mit Stadtammann Carlo Parolari.

Politische Doppelstrategie
Aufgrund der Erkenntnisse aus der Machbarkeitsstudie zur Stadtent­lastung Frauenfeld wollen das DBU und die Stadt weiterhin am gemeinsamen Ziel einer Entlastungsstrasse zwischen «Messenriet» und «Aumühle» festhalten. Die Behörden wollen die Anliegen der Stadt und der Agglomeration gegenüber dem Bund noch aktiver als bisher vertreten und alternative Finanzierungsmöglichkeiten prüfen. Bei seiner kantonalen Strassenplanung verfolgt das DBU neu eine Doppelstrategie: Neben der Stadtentlastung am Siedlungsrand, wie sie der Richtplan seit 2011 vorsieht, soll zusätzlich die Wirkung und die Machbarkeit einer kleinräumigen Varian­te mit Kosten in der Höhe von 60 bis 80 Mio. Franken überprüft werden. Die Machbarkeitsstudie sowie die bisherigen Studien und Mitwirkungsverfahren seit 2007 dienen als Grundlage dazu. Der von der Stadt Frauenfeld für Ende 2014 geplante Richtungsentscheid zur Stadtentlastung an der Urne entfällt.

Machbarkeitstudie abgeschlossen
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden aktuellen Verkehrszahlen erhoben sowie verschiedene konkrete Linien­führungen, Tunnel- und Portalbereiche untersucht. Zusätzlich wurden die notwendigen Massnahmen auf den Kantonsstrassen innerorts sowie die Möglichkeiten eines Verkehrsmanagements geprüft. Gemäss Modellrechnungen nimmt der Verkehr am Rathausplatz in den nächsten 20 Jahren um ca. neun Prozent zu. Dies entspricht einem voraussichtlichen Anstieg von 17 800 auf 19 400 Fahrzeuge pro Tag. Der Durchgangsverkehr beträgt aktuell rund ein Drittel, das heisst, «die temporären Stauzeiten sind in Frauenfeld heute grösstenteils hausgemacht», wie Kantonsingenieur Andy Heller erklärte. Deutlich wurde, dass Frauenfeld tagsüber einen konstant hohen Grundverkehr aufweist. Trotz zusätzlichen Tagesspitzen am Morgen, Mittag und am Abend kann das Verkehrsaufkommen jedoch bewältigt werden. Das Stadtzentrum ist und bleibt aus verkehrstechnischer Sicht gut erreichbar. Dennoch verdeutlicht die Machbarkeitsstudie: Eine Entlastung des Stadtzentrums Frauenfeld – vor allem vom lokalen Durchgangverkehr – ist notwendig, da ohne eine zusätzliche Stadtentlastung eine alternative Nord-Süd-Verbindung in Frauenfeld künftig fehlt. Die Studie zeigt auf, dass sich mit der Stadtent­lastung und den Massnahmen im Zentrum der Verkehr beim Rathausplatz um 6800 (35 %) bis 7800 Fahrzeuge pro Tag (40 %) reduzieren liesse. Je nach Länge des Tunnels belaufen sich die evaluierten Kosten für eine Stadtent­lastung auf 225 bis 294 Mio. Franken.

Stadt und DBU wollen handeln
Gleichzeitig mit dem definitiven Bundesbeschluss zum Agglomerationsprogramm haben sich das DBU und die Stadt über das weitere Vorgehen verständigt. Im Hinblick auf den erwarteten Anstieg beim Verkehrsaufkommen sollen in den kommenden Jahren auf den Kantonsstrassen in der Stadt Frauenfeld die notwendigen Massnahmen zur Lenkung des Verkehrs bzw. zur verkehrstechnischen Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs vorgezogen werden. «Wir wollen und müssen nun handeln, die neue Ausgangslage beim Verkehr mit den Schlüsselprojekten in der Stadt­entwicklung abstimmen und die Bevölkerung für teilweise neue Themen sensibilisieren», erklärte Stadtammann Carlo Parolari und verwies dazu auf die repräsentative Bevölkerungsbefragung zu «Frauenfeld 2030» im Jahr 2013. Darin haben sich zwar drei Viertel für die Planung und Realisierung einer Stadtentlastung ausgesprochen. Eine deutliche Mehrheit wünscht sich jedoch auch eine bezahlbare Verkehrslösung für die ganze Stadt und ist offen für verkehrsberuhigende Massnahmen.

Im Überblick zeigt sich in der Meinung der Bevölkerung, dass die Verkehrsprobleme in Frauenfeld sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Wie gedenkt die Stadt Frauenfeld diese Ausgangs­lage ohne eine Stadtentlastung nun zu lösen? Dazu Stadtrat Urs Müller: «In den nächsten Jahren muss die gute und von der Bevölkerung geschätzte Erreichbarkeit des Stadtzentrums auf dem bestehenden Verkehrsnetz für alle Verkehrsteilnehmenden sichergestellt werden. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für das DBU und die Stadt da, gemeinsam die notwendigen Massnahmen in Angriff zu nehmen, um Stauzeiten und Überlastungen in Zukunft zu verhindern und die Sicherheit für alle zu erhöhen.» Im Zentrum stehe, so Müller, die Lenkung des Verkehrs auf den innerstädtischen Kantonsstrassen. Gleichzeitig mit den einzelnen verkehrstechnischen Massnahmen will der Stadtrat auch einen Beitrag an die Standort- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt leisten.