Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 07.02.2018

Besonders «goldige» Artistin mit dem Stab

Die erst 20-jährige Angelica Moser hat als Stabhochspringerin schon zahlreiche Exploits geliefert. Es ist nicht leicht, sie zu treffen. Andelfingen, Bern, Magglingen und Frauenfeld sind ihre Fixpunkte.

 

 

Die für den LC Zürich startende Angelica Moser war zu Besuch beim Panathlon Club Thurgau in Kongresszentrum Thurgauerhof in Weinfelden. So zackig wie sie im Sport agiert, so zackig waren die Ausführungen zu ihrer Karriere. Im Nu war alles vorbei. Es war mucks-mäuschen-still im Saal, alle lauschten ganz gebannt den Ausführungen und den Video-Sequenzen des grossen Talentes. Dann prasselten die Fragen nur so auf die Stabhochspringerin herein. Die sie auf ihre lockere und sympathische Art beantwortete. Logischerweise musste sie auch Autogramme schreiben.
Was macht die Faszination dieser jungen Frau aus? Sie ist hochgradig erfolgreich. Wo sie startet, schaut fast immer eine Goldmedaille heraus. 2013 am Olympischen Festival der Jugend im holländischen Utrecht. 2014 an den Youth Olympic Games im chinesischen Nanjing. 2015 an der U20-EM im schwedischen Eskilstuna. 2016 an der U20-WM im polnischen Bydgoszcz. 2017 an der U-23-EM wieder in Bydgoszcz. Dass sie zudem bei den Aktiven zu einem Olympia-Einsatz 2016 in Rio kam und 2017 an der WM in London 13. wurde, geht da schon fast unter. Und wer es vergessen hat, 2014 wurde sie in Frauenfeld als Sportlerin des Jahres gekürt.
Die diesjährige Hallen-Saison begann ebenfalls erfolgreich. Am Meeting in Magglingen verbesserte Angelica Moser mit 4,41 Metern ihren Schweizer U23-Rekord aus dem Vorjahr um einen Zentimeter und gewann. Das wichtigste Ziel in diesem Jahr ist die EM in Berlin im August. Dazu hat die 20-Jährige eine klare Ansage: «Nachdem ich im letzten Jahr in Amsterdam Siebte wurde, möchte ich diesmal besser abschneiden.»
Die Leichtathletik wurde Angelica
Moser quasi in die Wiege gelegt. Vater Severin war Zehnkämpfer, Mutter Monika Siebenkämpferin. Von ihrem Wohnort Andelfingen koordiniert sie ihre Einsätze. Trainiert wird während vier Tagen in Magglingen unter Herbert Czingon. Nicht missen will die ehemalige Kunstturnerin am Donnerstag die Lektionen bei Daniela Zuber in der Frauenfelder Turnfabrik. Und so nebenbei studiert sie an der Uni Bern Betriebswirtschaft. Wann hat sie frei? «Zwei Wochen totale Trainingspause gibt es einmal im Jahr.» Trotz diesem gigantischen Aufwand hatte die Artistin mit dem Stab bisher Glück: «Ich war nie ernsthaft verletzt».
Nachdem Moser im 2017 die Spitzensport-Rekrutenschule absolvierte, brachte die Sportsoldatin in diesem Januar den ersten WK hinter sich. In Magglingen. Ist sie mit dem Auto unterwegs, fällt sie sofort auf: Wegen dem überlangen Gepäck auf dem Dach. «In der Schutzhülle habe ich immer 14 Stäbe in verschiedenen Längen und Härten dabei. Im Training ist der Stab 4,30 Meter lang, im Wettkampf 4,45 und manchmal auch 4,60. Heute ist er aus Fiberglas oder Carbon und jeder kostet so um die 1000 Franken,» erklärt die Zürcherin ihr diffiziles Material.
Einen Wunschtraum hat die am 9. Oktober 1997 in Plano (Texas/USA) geborene Ex-Kunstturnerin natürlich auch, die unglaubliche Höhe von 5,07 Meter überwinden. Ihre momentane Bestleistung liegt bei 4,61 und der Weltrekord der längst abgetretenen Jelena Issinbajewa, erzielt am 28. August 2009 in Zürich, steht bei 5,06. Aber für die im Kopf mental enorm starke Angelica Moser gilt: «Nur wer etwas wagt, kann auch gewinnen.» 

Ruedi Stettler