Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 10.05.2017

Julies Traum vom Volleyball-Profi im Ausland

Julie Lengweiler ist schon als 16-Jährige aus dem Elternhaus in Gachnang nach Oerlikon umgezogen, um mit Serienmeister Volero Zürich die Volleyball-Welt zu erobern.

 

 

werdende Julie Lengweiler hat als Mitglied des extrem hochkarätig besetzten Teams Volero Zürich schon viel erlebt, aber bisher nur wenig gespielt. Die Club-Engagements führten die Thurgauerin schon mehrmals nach Russland und in die Türkei. Dann lacht sie und muss einen Moment überlegen, bevor sie ergänzt: «Ich war natürlich auch schon in Deutschland und Frankreich, in Baku oder Manila. Einfach unglaublich.» Weil aber die Equipe von Volero nur so strotzt von Weltklasse-Volleyballerinnen, kommt die junge Spielerin selten zum Zuge: «In der Champions League durfte ich einmal für einen Service aufs Feld. Aber ich will nicht jammern, denn ich habe genau gewusst, was auf mich zukommt. Aber im Umfeld mit den vielen Stars darf ich unheimlich viele Erfahrungen sammeln. Natürlich auch in den Trainings.»
Jetzt, wo eben die Meisterschaft mit einem weiteren (dem bereits 12.) Double-Gewinn der Zürcherinnen abgeschlossen wurde, könnte man meinen, es wären für Julie Lengweiler Ferien angesagt. Ganz im Gegenteil. Ihr Team ist an der Klub-WM in Kobe (Jap) engagiert und Lengweiler ist am Montag für den einwöchigen Zusammenzug der Schweizer National-Equipe nach Magglingen ins Trainingslager eingerückt. Gleich anschliessend folgt ein solches in Schaffhausen und danach nochmals dasselbe in Magglingen. Alles im Hinblick auf die fünf Partien umfassende WM-Qualifikation in Sofia vom 30. Mai bis 5. Juni. Auch anschliessend folgt keine Pause, denn in Montreux steht das weltbekannte Volley Masters auf dem Programm.
Nach bisher zwei Jahren bei Volero (unterschrieben hat sie als 16-Jährige sogar einen Fünf-Jahres-Vertrag) darf Julie Lengweiler konstatieren: «Vom familiären NLB-Verein Aadorf bis zu den Voll-Profis bei Volero Zürich war es ein gewaltiger Schritt. Buchstäblich eine ganz andere Welt. Zu Beginn habe ich mich manchmal schon ernsthaft gefragt, bin ich überhaupt gut genug, um hier sein zu dürfen?»
Mittlerweile sind diese Zweifel allerdings verflogen und sie darf vermelden: «Ich bin sehr glücklich, dass ich dieses Unterfangen gewagt habe. Im Nach­hinein muss ich allerdings ehrlich sein, vielleicht hätte ich mit dem Wechsel besser noch ein Jahr zugewartet. Jetzt hoffe ich sehr, immer mehr Spielerfahrung sammeln zu können und ich muss weiterhin meine Fehler ausmerzen. So steigt zunehmend mein Selbstvertrauen und mit mehr Killerinstinkt in den entscheidenden Momenten kann ich bestimmt den einen oder anderen Punkt für mein Team erzielen.»
Die 188 cm grosse und 69 Kilogramm schwere Spitzen-Volleyballerin hat ganz klare Ziele: «Ich strebe ein Profitum bei einem ausländischen Verein an.» Wo soll das nach Ablauf des Vertrages in Zürich sein? «Im Moment ist mir das noch egal.» Eines ist sich die selbstbewusste junge Frau mit der Nummer eins auf dem Volero-Trikot schon klar: «Nach Abschluss meiner Karriere muss ich wieder einer Arbeit nachgehen.»
So weit ist es aber noch lange nicht. Momentan absolviert Julie Lengweiler das Sportgymnasium Rämibühl in Zürich (die ehemalige Frauenfelder Sportlerin des Jahres, Stabhochspringerin Angelica Moser, war eine ihrer Schulkolleginnen) und will im Sommer 2018 mit der Matur abschliessen. Neben 23 Stunden Schule stehen aber pro Woche 30 Stunden Training auf dem Programm. Lengweiler wohnt in Oerlikon in einer Dreier-WG («ein Platz ist noch leer») mit Gabi Schottroff und versucht, einmal in der Woche einen Besuch daheim in Gachnang einzuhalten. «Ich bin sehr glücklich wie alles in meiner Karriere verläuft und freue mich auf das, was kommt», gibt sich das grosse Talent zuversichtlich.

Ruedi Stettler